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30. Januar 2024, 08:30 Uhr
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Interview mit Claudia Ziehm, Fachbereichsleiterin für Bauen und Planen auf Norderney

„Ein großer Vertrauensvorschuss“

Interview mit Claudia Ziehm, Fachbereichsleiterin für Bauen und Planen auf Norderney

Vor gut einem halben Jahr hat Claudia Ziehm die Verantwortung als Fachbereichsleiterin für den Bereich Bauen und Umwelt als Nachfolgerin von Frank Meemken bei der Stadt Norderney übernommen. Für den KURIER war es an der Zeit, die gebürtige Berlinerin einmal nach Zielen, Perspektiven und Motivation zu fragen.

Frau Ziehm, Sie sind jetzt seit dem Sommer des vergangenen Jahres in leitender Funktion im Fachbereich Bauen und Umwelt tätig. Haben Sie es schon bereut von Frank Meemken die Verantwortung übernommen zu haben?

Ich bin sehr dankbar für die mir übertragene Verantwortung und habe aufgrund meiner starken Einbindung in verschiedenste Prozesse bislang wenig Zeit für Reflexion gehabt. Insofern bin ich auch sehr dankbar für Ihre Frage, die ich klar mit „nein“ beantworten kann. Die Stadt Norderney hat mir einen enormen Vertrauensvorschuss geschenkt und ich gebe mein Bestes, meine Expertise und meine Ideen mit dem Blick auf nachhaltige Entwicklungskorridore gewinnbringend einzusetzen.

In der jüngeren Vergangenheit haben Sie sich schon diverse Projekte wie den Generationenpark, den Umbau der Mühlenstraße oder die Umgestaltung des Parks am Schwanenteich an der Napoleonschanze mitverantwortlich begleitet. Das sind Projekte, die „Leuchtturmcharakter“ für die Insel haben. Welche Vorhaben kommen in nächster Zukunft auf Ihren Fachbereich zu?

Die Umsetzung der beiden Förderteilprojekte Napoleonschanze und die Einrichtung des „Generationenparks“ hinter dem To Huus wird im weiteren Verlauf dieser Bausaison die Aufenthaltsqualität dieser Stadtbereiche bedarfsgerecht erhöhen. Ich freue mich schon jetzt sehr darauf, die Eröffnung der attraktivierten Stadträume mit der interessierten Öffentlichkeit und den zahlreichen Projektakteuren zu begehen und vor allem darauf, in der Folge zu beobachten, welche Räume zu neuen Lieblingsorten für die Menschen werden. Unser Fachbereich hat naturgemäß, aber auch in diesem Jahr, einen nennenswerten Schwerpunkt im Bereich der Bauleitplanung mit voraussichtlich über 15 Bauleitplänen. Ein fachliches „Leuchtturmprojekt“ oder eher Novum in diesem technokratischen Bereich der Bauverwaltung bilden in jedem Falle die in Aufstellung befindlichen Bebauungspläne in den Bereichen der konzessionierten Strandabschnitte. Die komplizierten Bauleitplanungen für zum Beispiel die Innenstadtbereiche sowie die B-Plan-Erstellungen für den Bereich der Schwerlastrampe oder das Hotel an der Weststrandstraße führe ich an, weil sie die Verschiedenartigkeit der zu bearbeitenden Räume und Themen auffächern, die wir gemeinsam bearbeiten. Konkrete Baumaßnahmen können erst nach beschlossenem Haushalt sicher mitgeteilt werden. In der Pipeline stehen entsprechend verschiedenste planerische Maßnahmen und Baumaßnahmen. Der Ausbau der PV-Anlagen auf dem Altenheim und der Kläranlage stehen bevor; weitere Baumaßnahmen werden sich wohl auch aus dem in Erarbeitung befindlichen Wegekonzept für den Inselosten ableiten. Planerisch steht unter anderen der weitere Umgang mit der Windmühle „Selden Rüst“ bevor. Im Umweltbereich freue ich mich besonders über das anlaufende Projekt im Rahmen des Baumförderprogramms. Die Stadt Norderney verschenkt in diesem Rahmen 75 Bäume an die Bürger. Bis zum 31. März können noch Anträge dafür bei uns gestellt werden (siehe aktuelle Info auf der Startseite: www.stadt-norderney.de/). Parallel beschäftigt sich unsere Kollegin für Umweltangelegenheiten mit dem Ausrollen des Projekts TobaCycle, mit Hilfe dessen wir Zigarettenkippen nicht nur sammeln, sondern recyceln können.

Morgen wird das Konzept des „Fünf-Sterne-Hotels“ der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt. Was dürfen die Besucher der „Öffentlichkeitsbeteiligung“ erwarten?

Die Veranstaltung für und mit der interessierten Öffentlichkeit am kommenden Mittwoch bedient zwei verschiedene Ebenen. Zum einen ist der Abend ein klassischer Baustein im förmlichen Bauleitplanverfahren. Die entsprechenden Paragrafen erspare ich uns hier. Die Bauverwaltung und das beauftragte Planungsbüro werden den B-Plan-Entwurf vorstellen und für Fragen und Anregungen zur Verfügung stehen. Ergänzt wird dieser förmliche Beteiligungsschritt um die sicher für viele Interessierte mit Spannung erwartete persönliche Vorstellung des zukünftigen Hotels „LUV“ von den Vorhabenträgern. Aufgrund der besonderen städtebaulichen Bedeutsamkeit dieses Vorhabens haben wir uns dafür entschieden, die Unterlagen sowie das Modell in einer „offenen Stunde“ ab 17 Uhr im Weißen Saal zur Ansicht anzubieten. In diesem Rahmen können sich alle Interessierten vorab mit dem Vorhaben unter anderen anhand von Visualisierungen vertraut(er) machen. In diesem kleineren Rahmen können auch schon erste Fragen geklärt werden oder gemeinsamer Austausch mit den Verantwortlichen stattfinden. Der offizielle Teil des Abends beginnt dann entsprechend um 18 Uhr.

Viele Konzeptionen auf der Insel sind aufgrund der enormen Verteuerung und der damit verbundenen unkalkulierbaren Risiken erst einmal zurückgestellt oder befinden sich im Stadium der Umplanung wie das Vorzeigeprojekt „Booken“? Was muss nach Ihrer Ansicht passieren, um hier schneller zu einer für alle Seiten befriedigenden Lösung zu kommen?

Es wird kurzfristig ein Strategiegespräch zwischen Stadt, Stadtwerken und WGN zu diesen Themen stattfinden. Grundsätzlich bedarf es aus meiner persönlich-fachlichen Sicht jetzt vor allem der Kunst, das Ziel zuversichtlich nicht aus den Augen zu verlieren, Durchhaltevermögen und Zusammenhalt.

Sie sind einst aus der Metropole Berlin auf nach Norderney gekommen. Für viele mag dieser Schritt nicht nachvollziehbar sein. Was hat Sie bewogen, diesen Schritt dennoch mit Überzeugung zu wagen?

Das ist natürlich eine nachvollziehbare, wenngleich auch sehr persönliche Frage. Wenn man sich den Beruf der Stadtplanerin vergegenwärtigt, ist die Antwort aber ganz einfach. Städte haben mich seit jeher fasziniert und mein Beruf ermöglicht mir im Prinzip, überall zu arbeiten. Mit dem Leben auf Norderney konnte ich mir/konnten wir uns den Traum vom Leben am Meer erfüllen. Ich bin zwar Berlinerin, habe zuletzt aber in Hamburg gelebt und habe seit einer Dekade durch meinen Ehemann eine enge persönliche Verflechtung zu Norddeutschland. In den Jahren, bevor ich nach Norderney gekommen bin, habe ich für den größten privaten Stadtentwickler Deutschlands in Hamburg gearbeitet und war in diesem Zusammenhang beruflich/projektbezogen auch in kleineren Städten und Gemeinden im Segment der Erstellung integrierter Entwicklungskonzepte tätig. Insofern sind verschiedene Maßstäbe und das Lesen, Verstehen und Entwickeln von Räumen Teil meines Berufs und untrennbar mit meinen privaten Interessen verbunden. Auf Reisen sammele ich Eindrücke und Ideen und halte mir immer offen, von Anderen zu lernen. Zuletzt bin ich in Rio de Janeiro Fahrrad gefahren und denke, wir sollten es schaffen, den hiesigen Zuckerpad wieder für das Radfahren zu ertüchtigen. In meiner Arbeit stelle immer wieder fest, dass viele Themen der Stadtentwicklung und Prozesse in der Verwaltung, der Politik und der Öffentlichkeit durchaus vergleichbar sind, auch wenn Stadtgefüge zumeist überhaupt nicht vergleichbar sind. Egal ob Berlin, Hamburg oder Norderney: letztendlich geht es im Gefüge von Stadt und im Gefühl zur Stadt immer um die ganz alltäglichen Beziehungen der Menschen zum bebauten/unbebauten Raum, dem Erleben von Identität und einem Miteinander. Daran mitzuarbeiten ist sinnstiftend.

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