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7. Februar 2024, 08:30 Uhr
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Kraniche nutzen Wind und Wetter

Erste Frühlingsboten überqueren die Insel auf dem Weg zu heimischen Brutgebieten

Kraniche nutzen Wind und Wetter

Wer etwas Glück hat, kann dieser Tage den eleganten Formationsflug einer Gruppe von Kranichen über Norderney verfolgen, denn die ersten Zugvögel verlassen ihre Winterquartiere in Südeuropa zurück in ihre Brutgebiete. Dabei überquert der größte Teil Deutschland zwar vom südlichen Rhein Richtung Ostsee, aber auch die Ostfriesischen Inseln hält dieser Rückreiseverkehr bereits die ganze Woche an.

Wer unter freiem Himmel weilt, kann die Zugvögel eigentlich gar nicht verpassten, denn nicht nur ihre Flugformationen sind markant, sondern vor allem ihr unüberhörbares Rufen. Seit jeher gelten die Kraniche als Vögel des Glücks, die unter anderem so genannt werden, weil sie als Vorboten des Frühlings gelten. Warum aber kehren sie immer früher aus ihren Winterquartieren in ihre Brutgebiete zurück?

Es gibt mehrere Gründe, die miteinander verwoben sind. Erstens lässt der Trend zu kürzeren Wintern auch die Vögel nicht kalt. So wurden in diesem Jahr bereits im Januar die ersten Kranichschwärme gesichtet. Mit einer Hochdrucklage und Südwestwind waren die Wetterbedingungen ideal, denn die großen gefiederten Sympathieträger der Lüfte nutzen den Rückenwind für einen energiesparenden und schnellen Flug. Getreu dem Motto „Den Letzten beißen die Hunde“ gilt es, möglichst schnell ein Revier in der Brutheimat zu besetzen, denn dort ist der Konkurrenzkampf groß und der Platz begrenzt.

Sollte sich die Wetterlage auf dem Rückflug für die Kraniche negativ verändern, wie es bei der Kaltfront der Fall ist, die heute über Deutschland ziehen soll, sind die Vögel in ihren Verhalten durchaus flexibel. So pausieren sie beispielsweise bei zu starkem Wind oder fliegen bei Schneefall zwischenzeitlich bis hinter die Schneegrenze zurück. Die seit über 20 Jahren beobachteten deutschen Kraniche mit Farbringen tendieren zudem dazu, immer kürzere Strecken nach Süden zu fliegen oder ganz im Land zu bleiben. Als sogenannte Wintervögel ziehen sie dann je nach Nahrungsangebot und lokaler Witterung im Land hin und her.

Eine frühere Rückkehr der Kraniche in ihr Brutgebiet hat Vor- und Nachteile. Die Tiere können früh freie Brutplätze besetzen und haben theoretisch viel mehr Zeit, um Eier zu legen – auch neue, falls es beim ersten Mal nicht geklappt hat. Auf der anderen Seite heißt es, das die Vögel Wetterumschwüngen stärker ausgesetzt sind. Denn auch wenn der Klimawandel zu wärmeren und kürzeren Wintern tendiert, ist ein Spätfrost oder ein erneuter Wintereinbruch im Februar oder März immer möglich. Sollten die Schlafgewässer also wieder zufrieren, geht der Schutz durch das Wasser vor Fressfeinden verloren.

Kraniche sind übrigens in den ersten drei Jahren noch nicht geschlechtsreif und brüten erst ab dem vierten Lebensjahr. Kranichpaare bleiben übrigens ein Leben lang zusammen. Kranichfamilien bis zum ersten Zug in den Süden.

Die Orientierung der Zugvögel auf ihren Reisen ist noch immer ein Phänomen. Einen Anhaltspunkt der Richtung, die sie zu fliegen haben, gibt ihnen das Magnetfeld der Erde, denn das Sehzentrum des Vogelhirnes ist so aufgebaut, dass es das Magnetfeld der Erde wahrnehmen kann – so haben die Tiere einen „inneren Kompass“. Manchen Arten helfen die Sterne, um in der Nacht den richtigen Weg zu finden. Vögeln, die am Tag ziehen, bietet das Sonnenlicht Hilfe bei der Ortung. Oft nutzen Zugvögel für die Routenberechnung verschiedenen Informationen gleichzeitig.

Aber natürlich fliegt nicht jeder Vogel im Spätherbst nach Süden, es wird daher zwischen Standvögeln, Teilziehern und Zugvögeln unterschieden. Der Standvogel bleibt dort, wo er ist. Zu ihnen gehören beispielsweise Amseln, Kohlmeisen, Spatzen oder der Zaunkönig. Sie haben ein dickes Gefieder und fressen sich den Winter über eine wärmende Fettschicht an, freuen sich also über Zufütterung.

Bei Teilziehern bleiben einige Tiere einer Vogelart den Winter über im Brutgebiet, der andere Teil zieht gen Süden. Dadurch kann leicht der Eindruck entstehen, dass sich die Population dieser Art stark verringert hat. Zu den Teilziehern zählen beispielsweise der Star, der Steglitz, der Buchfink, die Mönchsgrasmücke oder die Goldammer. Insgesamt gehören etwa 80 Prozent der einheimischen Vogelarten zu den Teilziehern. Durch die vergangenen, relativ warmen Winter, bleibt ein immer größer werdender Teil der Teilzieher im Brutgebiet.

Zugvögel fliegen zwischen September und November zum südlichen Teil der Erdkugel. Zu ihnen zählen beispielsweise Kraniche, Weißstörche, Mehlschwalbe und die Nachtigall. Hier unterscheidet man noch einmal zwischen Kurz-, Mittel- und Langstreckenzieher. Ein Kurzstreckenzieher ist zum Beispiel das Rotkehlchen. Sie fliegen bis Südeuropa. Kraniche sind typische Mittelstreckenzieher, die bis Frankreich, Spanien oder Nordafrika fliegen. Zu den Langstreckenziehern gehören der Kuckuck, Nachtigall oder Ufer- und Rauchschwalben, die auf dem Weg ins warme Winterquartier, zum Beispiel ins tropische Afrika, zum Teil über 10000 Kilometer zurücklegen. bos

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