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9. April 2024, 07:30 Uhr
Lesedauer:
ca. 2min 13sec

Das Geheimnis der Muschellöcher

Zurzeit finden sich am Norderneyer Strand gehäuft „gelochte“ Muschelarten

Wie mit dem Diamantbohrer gedrillt: Löcher in Muscheln am Norderneyer Strand. Foto: Noun

Wie mit dem Diamantbohrer gedrillt: Löcher in Muscheln am Norderneyer Strand. Foto: Noun ©

Norderney Auch für Insulaner gibt es manchmal noch kleine Geheimnisse, wenn es um den Strand und das Wattenmeer geht. Wer sich derzeit bei einem Strandspaziergang unterschiedliche Muscheln anschaut, wird feststellen, dass viele Schalen der unterschiedlichsten Arten kreisrunde Löcher aufweisen, die aussehen, als seien sie mit einem Präzisionsbohrer hineingefräst worden.

Das ist zwar sehr praktisch, besonders für Kinder, die aus ihren Strandfunden Ketten oder Armbänder basteln wollen, denn so kann man Herzmuschel & Co. einfach auffädeln.

Es stecken Profis dahinter

Hinter diesen trichterförmigen Bohrungen mit ihren abgerundeten Kanten stehen tatsächlich Profis, nämlich räuberische Bohrschnecken oder Nabelschnecken, die zu den carnivoren Gastropoden, also den fleischfressenden Schnecken gehören. Sie sind selbst meist sehr klein und stellen für Menschen keine Gefahr dar. Sie verstecken sich meist im Sand und durchpflügen den Weichboden auf der Suche nach ihren Opfern, meist kleinere Muscheln. Haben sie dieses erst einmal ausfindig gemacht, heften sie sich einfach an ihr Opfer an.

An ihrer Unterseite sind sie mit einer Art Reibezunge, die auch Radula genannt wird, ausgestattet. Diese nutzen sie dann, wenn sie eine geeignete Muschel gefunden haben, zusammen mit einer Bohrdrüse, die ein kalklösendes Sekret produziert, um ein Loch in die Muschel zu bohren. Dann wird der Rüssel hineingesteckt und das Fleisch verzehrt.

Da Schnecken selbst sehr langsam sind, brauchen sie Nahrung, die sehr langsam ist. Da kommen ihnen Muscheln gerade recht. Dieser Umstand erlaubt es den Schnecken auch, dass der Vorgang mehrere Stunden dauern kann.

Schnecken dieser Art kommen von den Tropen bis in die Polargebiete vor und sind extrem anpassungsfähig. So wurden Exemplare bis in 5000 Metern Tiefe entdeckt. Sie haben sich auf Weichtiere spezialisiert, die sich langsam auf dem Meeresgrund oder dem Watt fortbewegen. Aber auch eigene Artgenossen werden angegriffen. Gefressen wird die Beute fast ausschließlich im Sediment; auf der Sedimentoberfläche erbeutete Opfer werden ins Sediment gezogen. Daher ist es auch extrem selten, den Vorgang der Bohrung und des Verzehrs der Beute zu beobachten.

Das leere Gehäuse der bis zu drei Zentimeter großen Nabelschnecke wird übrigens oft von Einsiedlerkrebsen bewohnt.

Warum allerdings manchmal mehr und manchmal weniger der gelöcherten Muscheln am Strand zu finden sind, bleibt bislang ungeklärt. Entweder täuscht der Eindruck beim Strandgänger, weil er sich auf die „Lochmuscheln“ konzentriert, oder es herrschen, wie bei anderen Strandphänomenen, bestimmte Strömungen und Windverhältnisse vor.bos

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